Blockchain ermöglicht digitale Geschäftsmodelle. Das Interesse der Unternehmen steigt. Hemmschuhe sind allerdings die unausgereifte Technologie und der Know-How-Mangel.

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Blockchain ist aktuell ein Hype-Thema im Umfeld der Digitalisierung. Die Faszination liegt im enormen Potenzial dieser Technologie, bestehende Prozesse zu verändern und zu vereinfachen, aber auch ganze Branchen wie beispielsweise den Banksektor zu bedrohen.

Die Finanzdienstleistungsbranche beschäftigt sich sehr intensiv mit der Blockchain-Technologie – zum einen, um Transaktionen zukünftig fälschungssicher zu gestalten; zum anderen, um ihre Rolle als Intermediäre für bestimmte Geschäftsvorfälle zu sichern und somit die Bedrohung zur Chance zu machen. Aber auch Branchen wie Industrie, Handel und Logistik sehen in Blockchain enorme Möglichkeiten für grundlegende Veränderungen im eigenen Unternehmen. Davon ist nahezu jeder zweite (48 Prozent) von mehr als 130 Business- und IT-Managern überzeugt, die das Forschungsinstitut Lünendonk & Hossenfelder für die Studie „Blockchain – Realität? Hype? Oder beides?“ befragt hat.

Finanzdienstleister nutzen Blockchain-Anwendungen am häufigsten

„Besonders viele Anwendungsfälle sehen wir aktuell bei den Finanzdienstleistern“, berichtet Mario Zillmann, Partner bei Lünendonk & Hossenfelder. „Das deutet auf einen hohen Veränderungsdruck in diesem Sektor hin.“ Fintechs und Onlinebanken forderten aktuell traditionelle Geldinstitute heraus, da diese teilweise mit Hilfe neuer Technologien die Kundenanforderungen an digitales Banking besser abdecken könnten.

Auch zur Automatisierung von Geschäftsprozessen eignet sich die Blockchain laut der Lünendonk-Studie: So nutzen 36 Prozent der untersuchten Banken diese Technologie, um die Abrechnung von Handelstransaktionen zu vereinfachen. Von den Versicherungen, in denen die Blockchain ein relevanter Teil der Unternehmensstrategie ist, setzen 31 Prozent die Technologie zum Absichern von Wetter- und Ernterisiken ein. Ein weiteres Einsatzgebiet ist das Optimieren des Schadensmanagements, um Versicherungsbetrug zu verringern.

In der Automobilbranche sehen lediglich fünf der zwölf befragten Hersteller (OEMs und Zulieferer) in der Blockchain aktuell und in naher Zukunft eine strategische Relevanz. Manager aus der Fertigungsindustrie berichten von konkreten Einsatzfällen der Blockchain bei der Optimierung der Supply Chain, zudem versprechen Themen wie Field Services oder Machine-to-Machine-Kommunikation perspektivische Anwendungsbereiche ein hohes Potenzial.

Von den Unternehmen, die sehr große Chancen in der Nutzung von Blockchain-Technologien sehen, rollen aktuell 51 Prozent entsprechende Anwendungen aus, während 49 Prozent noch mögliche Anwendungsfälle identifizieren. Weitere 11 Prozent der befragten Unternehmen haben bereits Use Cases definiert und entwickeln Prototypen.

Eine Basistechnologie für digitale Geschäftsmodelle

Blockchain kann aus Sicht der Mehrheit der befragten Manager dazu beitragen, dass Unternehmen komplett neue Geschäftsmodelle und Formen der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit aufbauen. 53 Prozent der Manager sehen in Blockchain einen großen Vorteil beim Aufbau von Ökosystemen im Rahmen digitaler Geschäftsmodelle.

Im Umfeld des Internet der Dinge (Internet of Things/IoT) entwickeln Unternehmen aktuell neue Geschäftsmodelle, beispielsweise zur Vernetzung von Haushaltsgeräten, im Bereich der Produktionssteuerung, der Elektromobilität oder zur Vernetzung von Fahrzeugen mit Internetangeboten. 49 Prozent der Befragten sehen die Vorteile der Blockchain darin, Kooperationspartner besser in ihre Geschäftsmodelle einzubinden und den Datentransfer (rechts-)sicher und konform zu den eigenen Compliance- und Security-Anforderungen sowie zu denen der Aufsichtsbehörden zu gestalten.

Ein konkretes Beispiel ist laut Studie das Aufladen von Elektrofahrzeugen mittels Induktion an Ampeln. „Die Übertragung der Abrechnungsdaten erfolgt durch Sensoren am Fahrzeug in die Blockchain und als Währung dient ein Bitcoin- oder Etherium-Kundenkonto“, berichtet Analyst Zillmann. „Für die Akzeptanz von sogenannten Smart Contracts sind sichere Prozesse notwendig, bei denen die Kundendaten nicht manipulierbar sind. Auch hier hilft die Blockchain-Technologie.“

Unausgereifte Technologie und Know-how-Mangel

Mehrere Faktoren behindern nach Einschätzung der Befragten Blockchain-Projekte. So fehlt in jedem zweiten untersuchten Unternehmen das Technologie-Know-how. Die Finanzbranche ist hier besser aufgestellt, denn bei Banken und Versicherungen mangelt es lediglich in 28 beziehungsweise 35 Prozent der Unternehmen an Blockchain-Experten. Besonders hoch ist dieser Mangel andererseits bei Telekommunikationsunternehmen (70,6 Prozent, Logistikunternehmen (66,7 Prozent) sowie im Handel (61,5 Prozent).

„Aktuell investieren Unternehmen sehr viel Know-how, Zeit und Kapital in Blockchain-Projekte“, berichtet Analyst Zillmann. „Dennoch ist es aktuell offen, ob sich diese Technologie langfristig durchsetzen wird.“ So sei aus Sicht vieler Experten und CIOs die Blockchain-Technologie noch nicht ausgereift genug, um im Enterprise-Umfeld als Basis für komplexe unternehmenskritische Prozesse zu dienen. „Vor allem hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit im Betrieb, des Integrationsaufwands von Daten und fehlender Standards halten sich viele Unternehmen noch zurück“, berichtet Zillmann.

Eine große Herausforderung bestehe darin, dass einige Blockchain-Transaktionen enorm hohe Rechenkapazitäten erforderten und viele Use Cases zwar spannend, aber nicht wirtschaftlich seien. Schließlich seien in den wenigsten Unternehmen die IT-Landschaften auf dem technologischen Stand, um Blockchain-Daten reibungslos zu integrieren.

Die Studie „Blockchain – Realität? Hype? Oder beides?“ steht unter www.luenendonk-shop.de kostenfrei zum Download bereit. Jürgen Frisch

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Geteilte Meinungen: 48 Prozent der für die Lünendonk-Studie befragten Unternehmen sehen in der Blockchain-Technologie große Chancen, 39 Prozent erkennen hingegen keine Potenziale.

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Vielfältiger Nutzen: Ein höherer Automatisierungsgrad von Services, weniger Abhängigkeit von Intermediären sowie ein höheres Vertrauen in der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit – das sind die meistgenannten Vorteile der Blockchain-Technologie.