Datengetriebene Geschäftsmodelle werden durch internetbasierte Plattformen möglich. Doch welche Plattform-Typen gibt es? Welche Vor- und Nachteile haben sie? Eine acatech Projektgruppe hat nun eine entsprechende Systematisierung vorgelegt. Das Diskussionspapier zeigt für den Bereich der Produktion, wie Geschäftsmodelle, digitale Ökosysteme und Technologien in digitalen Plattformen zusammenlaufen.

acatech Präsident Henning Kagermann (links) und Christoph Plass, Vorstand der UNITY AG, präsentieren auf dem Digital-Gipfel die acatech DISKUSSION „IT-Plattformen für die Smart Service Welt“. (Foto: acatech)

FÜR DIE INDUSTRIELLE Produktion sind ein gemeinsames Verständnis und gemeinsame Standards für IT-Plattformen unabdingbar. Eine acatech Projektgruppe unter Leitung von Christoph Plass, Vorstand der UNITY AG, und Franz Rammig, Universität Paderborn, hat nun eine entsprechende Systematisierung in Form eines Diskussionspapiers vorgelegt.

Die Autoren seien dabei dem Zusammenhang von Technologien und Geschäftsmodellen auf den Grund gegangen und hätten auf dieser Basis ein Portfolio entwickelt. „In unseren Experteninterviews wurden stets zwei wesentliche Dimensionen betrachtet: die technische und die betriebswirtschaftliche. Wir stellten fest, dass sich Technologien und Geschäftsmodelle nicht getrennt voneinander diskutierten lassen“, erläutert Christoph Plass. Auf dem IT-Gipfel stellten die Autoren ihr Diskussionspapier vor. Dieses zeige für den Bereich der Produktion, wie Geschäftsmodelle, digitale Ökosysteme und Technologien in digitalen Plattformen zusammenlaufen.

Standards und Normen: Fachleute sind sich uneins

Standards seien für eine Interoperabilität verschiedener IT-Plattformen gemäß dem Diskussionspapier zwingend erforderlich. Uneinig waren sich die Fachleute aber in der Frage, wie diese geschaffen werden sollen. Ein mithilfe von Standardisierungs- und Normierungsprozessen entwickelter Standard habe das Potenzial, unternehmensübergreifend auf hohe Akzeptanz zu stoßen und schnell ein großes Ökosystem aufzubauen.

Einige der Befragten halten diese Prozesse aber für innovationshemmend; sie bevorzugen den Angaben zufolge De-facto-Standards, die sich aus dem Markt heraus entwickeln. Sollte sich kein klarer Standard herausbilden, sei die Entwicklung von Konnektoren nötig, die die Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Schnittstellen ermöglichen. Einig waren sich die Befragten laut acatec, dass zertifizierbare Sicherheitsstandards Vertrauen bei Plattformnutzern schaffen.

Offene versus geschlossene IT-Plattformen

Auf technischer wie auf geschäftlicher Ebene kommt es in Zukunft zu einer fortschreitenden Entgrenzung. Offene IT-Plattformen erlauben es gemäß acatec Akteuren außerhalb der Unternehmensgrenzen, Services und Komponenten auf der IT-Plattform anzubieten und nachzufragen. Die Befragten sehen den Umfrageergebnissen zufolge in dieser Offenheit einen kritischen Erfolgsfaktor: Sie fördere den Wettbewerb und schaffe so Raum für weitere Innovationen.

Außerdem ermögliche sie es, schneller eine kritische Masse an Nutzern zu erreichen. Als Vorteile von nicht-proprietären IT-Plattformen nannten die Befragten eine individuelle Anpassung und die Transparenz der zugrundeliegenden Ausführungslogik. Als Nachteil steht dem ein möglicher Kontrollverlust über das Ökosystem der IT-Plattform entgegen. Interoperabilität sieht ein Großteil der Fachleute als Qualitätsmerkmal, auf das Plattformnutzer drängen müssen, da es Lock-In-Effekte stark reduziert.

Hindernisse für die Nutzung von IT-Plattformen

Größtes Hindernis für die Nutzung von IT-Plattformen im produzierenden Gewerbe sei das mangelnde Know-how für Plattformgeschäftsmodelle. Als weitere Barrieren werten die Fachleute generelle Unsicherheiten und daraus resultierende Ängste, verbunden mit Denkblockaden in der Belegschaft traditioneller Unternehmen sowie ein verhaltenes Eingehen vertretbarer Risiken. Mangelnde Investitionsbereitschaft betrachten hingegen nur wenige der Befragten als Hürde. Gleiches gelte für technologische Hürden.

Das vollständige acatec-Diskussionspapier findet sich unter diesem Link .

Angabe zu der dem Diskussionpapier zugrundeliegenden Umfrage

Insgesamt wurden 41 Interviews im Zeitraum von Ende November 2016 bis Ende Januar 2017 geführt. 29 Interviewpartnerinnen und partner stammten aus der Industrie und Verbänden, weitere zwölf aus der Wissenschaft. Die Interviews wurden in der Regel telefonisch mit einer Dauer von rund 90 Minuten geführt. Die bewusst offen gewählten Fragestellungen ermöglichten es, von der Interviewpartnerin oder dem Interviewpartner abhängige Schwerpunkte zu setzen. Die Antworten der Fachleute sowie alle weiteren Kommentare wurden ausführlich protokolliert. In der anschließenden Auswertung wurden die Aussagen der Befragten zueinander in Beziehung gesetzt und nach Themenschwerpunkten geordnet. In der dritten Phase wurden die Ergebnisse der Interviews ausgewählten Expertinnen und Experten in einem Workshop vorgestellt und gemeinsam diskutiert. Ziel war es, Schwerpunkte bei den identifizierten Chancen, Risiken und Barrieren zu setzen  sowie Handlungsfelder abzuleiten. An dem ganztägigen Workshop, der am 16. Februar 2017 in Paderborn stattfand, nahmen insgesamt 26 Fachleute teil. Die Mehrheit von ihnen hatte zuvor bereits an den Interviews teilgenommen. hei


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